Das Projekt

Die Idee

Windenergie und Artenschutz mittels künstlicher Intelligenz in Einklang bringen

Der Windausbau in Deutschland staut: Derzeit werden immer weniger neue Windkraftanlagen installiert. Dabei ist die Windenergie ein essenzieller Baustein der Energiewende. Woher weht der Gegenwind?

Oft verzögern Klagen aufgrund von Artenschutzgefährdung den Genehmigungsprozess, denn: Die Errichtung und der Betrieb von Windkraftanlagen dürfen den Lebensraum bedrohter Vogelarten nicht beeinträchtigen. Jedes potenzielle Bebauungsgebiet wird deshalb im Voraus auf gefährdete Arten überprüft, meist von Ornithologen, die die Vogelstimmen aufzeichnen und dann selbst klassifizieren. Dieses Verfahren ist sehr zeitintensiv. Gut für die Fauna – schlecht für den Windausbau.

Der Ausbau von Windkraft birgt also einen Zielkonflikt: Einerseits sind umfassende Artenschutzgutachten essenziell für den Erhalt bedrohter Spezies, andererseits entstehen so rechtliche Hürden, die den Ausbau der Windenergie stark verzögern.

Artenschutz oder beschleunigte Energiewende? Mit DeepBirdDetect wird beides möglich.

Das Herzstück von DeepBirdDetect bildet eine künstliche Intelligenz zur Erkennung von Vogelstimmen. So können “Smarte Recorder” das Artenvorkommen in potenziellen Bebauungsgebieten kontinuierlich nach zeitlichen und räumlichen Parametern erfassen. Gutachter, Kartiere oder andere Anwender der Recorder können die Ergebnisse der Aufzeichnungen in der zugehörigen App einsehen.

DeepBirdDetect schlägt so zwei Fliegen mit einer Klappe: Es beschleunigt die Genehmigungsverfahren für den Windausbau und hilft Ornithologen und faunistischen Gutachtern, das Artenvorkommen in einem Revier umfassend zu dokumentieren.

Methodik

Few-Shot Learning

Mithilfe von Few-Shot-Learning können KI-Modelle entwickelt werden, auch wenn nur eine geringe Datenmenge zur Verfügung steht. Normalerweise benötigen KI-Verfahren eine große Menge an Trainingsdaten, um Muster zu erlernen und Vorhersagen zu machen. Bei Few-Shot Learning hingegen lernt die KI anhand nur weniger Beispiele. Dabei dient sogenanntes Vorwissen, zum Beispiel in Form eines mit anderen, ähnlichen Daten vortrainierten Modells, als Ausgangsbasis. Auf dieses werden die Few-Shot Daten dann angewandt. Ein wesentlicher Vorteil der Nutzung nur weniger, gut annotierter Daten besteht darin, dass die oft langwierigen und kostenintensiven Annotationen erheblich reduziert werden können.

Die KI von DeepBirdDetect soll möglichst viele verschiedene Vogellaute erkennen. Es sind jedoch nicht immer ausreichende Sound-Beispiele von jeder Spezies vorhanden, mit denen die KI angelernt werden kann. Mithilfe von Few-Shot Learning kann die KI trotzdem aus den ihr bekannten Vogellauten selbstständig Muster und Informationen ableiten und so auch Vogellaute erkennen, von denen sie nur sehr wenige Sound-Beispiele besitzt.

Contrastive Learning

Mit Contrastive Learning lernt ein Computer durch Vergleiche. Die KI vergleicht Datensätze und filtert Gemeinsamkeiten und Unterschiede heraus, anhand derer sie die verschiedenen Daten dann voneinander unterscheiden kann. So kann die KI mit ungelabelten Datensätzen geschult werden, die nicht bereits im Voraus kategorisiert wurden. Contrastive Learning bietet bedeutende Vorteile für die Klassifikation von Vogelstimmen, einschließlich der Fähigkeit, mit weniger annotierten Daten auszukommen, robustere und generalisierbarere Merkmalsrepräsentationen der Daten zu erzeugen und sich effizient an verschiedene Umgebungen und Bedingungen anzupassen.


DeepBirdDetect nutzt Contrastive Learning, um auch verschiedene Ruftypen von Vögeln besser zu erkennen. Die KI kann einen Vogellaut anhand von Unterschieden oder Gemeinsamkeiten zu ihr bekannten Vogelstimmen einordnen.

Active Learning

Active Learning ist eine Methode des maschinellen Lernens, bei der ein Computer selbst entscheidet, welche Daten er für sein Training verwenden möchte, anstatt nur auf vordefinierte Datensätze zu warten. Er fragt aktiv nach spezifischen Informationen, die ihm helfen können – vergleichbar mit einem engagierten Schüler, der nicht nur den Unterrichtsstoff passiv aufnimmt, sondern Fragen stellt, um besser zu verstehen. Ziel ist es durch eine geeignete Auswahl relevanter Daten, bei gleichzeitiger Erhaltung einer hohen Performanz der Modelle die dafür benötigten Annotationen gering zu halten und somit auch Annotationskosten zu minimieren.


Wenn Anwender die KI von DeepBirdDetect nutzen, um Vogelstimmen zu erkennen, werden kontinuierlich neue Daten generiert. Nutzer nehmen neue Audiodateien auf und ornithologisch erfahrene Anwender können der KI sogar ein Feedback darüber geben, ob ihre Erkennung richtig war. Durch Active Learning kann die KI diese wertvollen Daten nutzen, um weitere Vogelstimmen zu erkennen und zuverlässigere Ergebnisse zu liefern.

Self-Supervised Learning

Mithilfe von Self-Supervised Learning (SSL) können KI Modelle aus Daten lernen, die keine speziellen Labels haben. Diese SSL-Modelle generieren stattdessen eigene Labels. Diese werden anschließend für überwachte Lernaufgaben verwendet, insbesondere für die Klassifikation. So können SSL-Modelle beispielsweise lernen, Bilder zu verstehen, indem sie künstliche Aufgaben lösen. Eine dieser Aufgaben könnte darin bestehen, Teile von Bildern zu verbergen und das Modell zu trainieren, die fehlenden Teile zu rekonstruieren. Auf diese Weise lernt das SSL-Modell, Zusammenhänge und Ähnlichkeiten in den Daten zu erkennen.

Dieser Ansatz zielt darauf ab, die Effizienz signifikant zu steigern und die Qualitätsstandards zu erhöhen. Moderne Methoden des Deep Learning werden eingesetzt, um die Aufgabe der Labelgenerierung autonom durchzuführen. Dabei werden geeignete Techniken aus beiden Bereichen ausgewählt und auf das jeweilige Problem angewandt, um neue Modelle zu entwickeln und zu evaluieren.

In DeepBirdDetect wird das Self-Supervised Learning durch die Kombination des Contrastive Learnings und des Few-Shot Learnings umgesetzt. Nachdem das Modell so trainiert wurde, dass es eine sinnvolle Repräsentation der Vogelstimmen gelernt hat, kann es auf eine Klassifikationsaufgabe feinabgestimmt werden, bei der es darum geht, die verschiedenen Ruftypen zu klassifizieren. Dieser Ansatz nutzt das Vorwissen, das das Modell durch das selbstüberwachte Lernen erworben hat, um die Leistung bei der Klassifikationsaufgabe zu verbessern.

Explainable AI

Explainable AI (XAI) umfasst verschiedene Methoden, die die Entscheidungsprozesse von KI-Modellen transparent und nachvollziehbar machen. Durch die Offenlegung der internen Mechanismen und Entscheidungsgrundlagen können Nutzer KI-Modelle besser verstehen und Vertrauen in ihre Anwendungen gewinnen. Darüber hinaus ermöglicht XAI, potenzielle Verzerrungen und Fehler in den Modellen zu identifizieren und zu korrigieren, was die Zuverlässigkeit und Fairness von KI-Systemen deutlich erhöht. Dies fördert nicht nur die Akzeptanz, sondern auch den verantwortungsvollen und ethischen Einsatz von KI-Technologien.

Explainable AI unterstützt DeepBirdDetect dabei, die Entscheidungsprozesse der KI bei der Erkennung von Vogelstimmen transparent und nachvollziehbar zu machen. Dadurch können Nutzer die Zuordnung bestimmter Laute zu Vogelarten nachvollziehen, was das Vertrauen in die Technologie stärkt und eine fundierte Fehleranalyse sowie Korrekturmöglichkeiten bietet. Darüber hinaus können ornithologische Experten die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Erkennung validieren und kontinuierlich verbessern.

Motivation

Wir finden, Artenschutz und erneuerbare Energien dürfen sich nicht im Weg stehen.

Deutschland möchte bereits 2045 klimaneutral sein.
Mit den Sustainable Development Goals (SDG) haben die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen zudem 17 Nachhaltigkeitsziele formuliert, die schon im Jahr 2030 realisiert sein sollen. Diese ambitionierten Ziele spiegeln den wachsenden Druck wider, den Klimawandel einzudämmen und nachhaltige Lösungen zu entwickeln.

Um die gesteckten Ziele zu erreichen, müssen wir gemeinsam anpacken: Wissen teilen, effektiv zusammenarbeiten und Synergien nutzen, anstatt Zielkonflikte auszutragen.

Ein Bereich, in dem verschiedene Nachhaltigkeitsziele in Konflikt stehen, ist der Ausbau erneuerbarer Energien auf der einen und der Erhalt der Artenvielfalt auf der anderen Seite.
Windräder sind ohne Zweifel ein Eingriff in die Natur, der Landschaften verändert. Sie haben ein tiefes Fundament, der Zement versiegelt den Boden und ja: Für Vögel können die Rotoren der Windkraftanlagen eine Gefahr darstellen. Vogelschützer machen deshalb zurecht darauf aufmerksam, dass die Energiewende nicht auf Kosten der Artenvielfalt umgesetzt werden darf.

Aufgeben anstatt nach Lösungen suchen? Das ist nicht zielführend – im Gegenteil:

Mittlerweile wird der Artenschutz als Klagegrund sogar durch Stakeholder zweckentfremdet – dabei zeigen Schätzungen des Naturschutzbund Deutschland, dass Windkraftanlagen im Vergleich zu anderen Gefahrenquellen wie der industriellen Landwirtschaft nur ein sehr geringes Risiko für Vögel bergen: Selbst Hauskatzen töten jährlich etwa 600 Mal mehr Vögel.

Trotzdem ist es wichtig, verantwortungsbewusst zu handeln. Für ein gesundes Klima brauchen wir beides: Artenvielfalt und saubere Energien. Wir müssen Lösungen finden, mit denen der Erbau von Windkraft keine Gefahr mehr für gefährdete Vogelarten darstellt.
Vögel stellen einen integralen Bestandteil unseres Ökosystems dar. Sie bestäuben Pflanzen und verbreiten Samen. So unterstützen sie den Erhalt der heimischen Flora. Vögel ernähren sich zudem vorwiegend von Insekten und fungieren daher als natürliche Schädlingsbekämpfer. Sie regulieren die Populationen schädlicher Insekten, die Pflanzen angreifen und zerstören können. Der Bestand von Vögeln in unserer Umwelt ist also entscheidend für das ökologische Gleichgewicht.

In Deutschland ist eine Vielzahl verschiedener Vogelarten heimisch. Die Vielfalt der Vogelspezies hat in den vergangenen Jahren jedoch abgenommen. Zahlreiche Arten sind durch den Klimawandel und den Verlust ihrer natürlichen Lebensräume vom Aussterben bedroht. Ein Verlust der Biodiversität gefährdet unser Ökosystem.

Es ist deshalb unverzichtbar, den Standort für Windkraftanlagen sorgfältig zu wählen. Gleichzeitig erfordert die drohende Gefahr der Erderwärmung, dass wir möglichst schnell auf erneuerbare Energiequellen umrüsten.
DeepBirdDetect zeigt einen Weg auf, wie technologische Innovationen dazu beitragen können, scheinbar gegensätzliche Ziele miteinander zu vereinen. Mit DeepBirdDetect lösen wir den Zwiespalt zwischen Artenschutz und Windausbau auf und schaffen eine Lösung, die Anforderungen von Artenschutz und beschleunigter Energiewende in einer Anwendung bündelt.

So leistet DeepBirdDetect auch einen wertvollen Beitrag zu gleich drei der Sustainable Development Goals:

Ziel 7 Bezahlbare und saubere Energie

Ziel 13 Maßnahmen zum Klimaschutz

Ziel 15 Leben an Land

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